Kaseler Alm
Unseren ersten Tag im Zillertal verbringen wir im Gebiet rund um die Kaseler Alm. Hier haben die Kids die Möglichkeit nach Lust und Laune ein paar der Boulder auszuprobieren oder auch einfach so auf den vielen Felsen herumzukraxeln und am Fluss zu spielen. Wer möchte, erweitert seine private Insektensammlung mit einigen Exemplaren der hier heimischen Fauna. Hätte ich von Anfang an gewusst was hier so herumkrabbelt, hätte ich mich vielleicht nicht einfach so in die Wiese gesetzt…
Abends machen wir Burger, die sich die Kids selbst belegen können. Während dem Essen blitzt und donnert es in der Ferne schon kräftig – wir werden aber zum Glück noch halbwegs fertig bevor es zu regnen beginnt, nur die letzten Bissen müssen wir im Schutze unseres Vorzeltes zu uns nehmen.
Nach dem Essen muss natürlich noch abgespült werden. Es geht zwar recht chaotisch zu, letztendlich wird unser Geschirr dabei aber sogar weniger oder mehr sauber (weniger steht bewusst an erster Stelle)…
Da es noch regnet verkriechen wir uns schnell ins Zelt. Bevor wir schlafen, gehen wir schonmal den Plan für den nächsten Tag durch: Wir wollen eine kleine Expedition durch die Zemmschlucht unternehmen.
Zemmschlucht
Am Morgen werden wir von den Kids geweckt die uns darauf hinweisen, dass eine Frau vor dem Zelt steht die gerne mit den Leitern sprechen würde (die beste Art morgens geweckt zu werden). Die Dame weißt uns freundlich darauf hin, dass wir nicht alleine auf dem Platz sind und dass sie gerne noch schlafen möchte. So schlimm kann der Lautstärkepegel allerdings nicht gewesen sein, sonst hätten uns die Kids wohl nicht mehr extra aufwecken müssen – oder wir haben inzwischen einfach die Fähigkeit entwickelt sämtliche Geräusche erfolgreich auszublenden… Da die offiziellen Ruhezeiten des Campingplatzes sowieso schon vorbei sind und unsere anderen Nachbarn auch schon wach sind (freiwillig oder unfreiwillig), stehen wir auf, frühstücken und packen unsere Rucksäcke für die ausstehende Expedition.
Im Zemmtal angekommen geht es von unserem Parkplatz auf einem kleinen Pfad erstmal steil hinab bis zum Bachbett. Den Zugang haben wir vor ein paar Jahren mal durch Zufall entdeckt. Unten angekommen taucht man direkt in eine komplett wilde Umgebung aus Blockwerk, Gumpen, christallklarem Wasser und Steilwänden ein. Nur die Straße lässt sich an manchen Ecken blicken und erinnert an die Zivilisation.
Nachdem wir das erste Stück über einige Felsen und kleinere Stufen mit Wasserfällen überwunden haben, geht es nicht mehr so einfach weiter. Nachdem wir die Umgebung genau ausgekundschaftet haben, werfen wir unsere Rucksäcke einzeln über eine Steilstufe am Rand des Bachs und ziehen unsere Badesachen an: Hier kommen wir nur weiter, wenn wir durchs kalte Wasser schwimmen.
Während unserer Aktion überholen uns mehrere Touristen-Gruppen, komplett ausgestattet mit Neoprenanzügen, Helmen, Klettergurten, wasserdichten Rucksäcken und Canyoning-Guide. Was die sich wohl denken, als sie sehen, dass eine Gruppe Kids das auch mit Badehose schafft?
Nach der kurzen Abkühlung geht es wieder problemlos voran und wir machen schließlich Pause an einem kleinen Sandstrand mit angrenzender Gumpe.
Die Kids finden mehrere Stöcke im Treibholz die perfekte Lichtschwerter abgeben. Schnell hat sich geklärt wer ein Guter ist und wen es eher zur dunklen Seite der Macht zieht (für die Statistik: Das Verhältnis ist genau 50/50).
Vor einer Kulisse, die tatsächlich aus einem Star-Wars-Film stammen könnte, sehen wir dabei zu, wie die Macht erwacht und die dunkle Bedrohung abgewandt wird – zumindest manchmal, meist dicht gefolgt von der Rache der Sith. Im Kopf haben wir dabei „Duel Of The Fates“ von John Williams.
Nachdem das Imperium so oft zurückgeschlagen hat, dass auch die letzten Jedi vorerst genug haben, machen wir uns auf den Weiterweg durch die Schlucht. Wir gelangen schließlich an eine Stelle, an der Neoprenanzüge, Helme, Klettergurte, wasserdichte Rucksäcke und ein Canyoning-Guide wohl doch gerechtfertigt sind und verlassen den Canyon auf einem Pfad hinauf zur Straße.
Zurück am Campingplatz bereiten wir recht bald unser Abendessen vor: Es gibt „farfalle con variazioni di pesto“ (hört sich besser an als Nudeln mit Pesto) – aufpimpen kann man das ganze außerdem mit Cocktailtomaten, Frühlingszwiebeln, Paprika, Parmesan und frischem Pfeffer – also doch gar nicht mal so schlecht und auf jeden Fall besser als einfach nur Nudeln mit Pesto!
Während die Nudeln vor sich hin kochen blüht eine neue Hoffnung bei den Kids auf und es wird Zeit für die Rückkehr der Jedi (genug jetzt mit Star-Wars-Referenzen für diesen Text).
Beim Schlafengehen gibt es noch einen kurzen Zwischenfall, als die Kids feststellen, dass ein Käfer, dessen Namen ich vergessen habe (irgendwas mit Pfeilschwanz – sieht genauso eklig aus wie es sich anhört), aus seiner Behausung entwischt ist. Das dumme dabei ist, dass die Behausung, eine kleine Plastikbox, den ganzen Tag in unserem Zelt lag. Zum Glück sichten wir das Tier direkt und kicken es von unseren Isomatten aus dem Zelt. Manche Kinder, die das nicht mit eigenen Augen gesehen haben, sind erst ungläubig, dass die Schabe nun keine Gefahr mehr für sie darstellt – wenig später schlafen dann aber doch alle ein. Lebende Tiere ins Zelt zu bringen ist ab jetzt offiziell verboten…
Sundergrund
Am nächsten Tag, der gleichzeitig unser vorerst letzter Tag im Zillertal sein wird, bauen wir nach dem Frühstück erstmal unser Zelt ab und packen all unsere Sachen in den Kofferraum. Erleichterte Blicke unserer Nachbarn lassen darauf schließen, dass der Lautstärkepegel wohl doch teilweise recht hoch gewesen sein muss (gute Soundeffekte gehören zu einem realistischen Lichtschwert-Kampf aber halt dazu).
Geplant ist, unsere restliche Zeit im Sundergrund zu verbringen und dort nochmal ein paar Boulder zu versuchen, bevor es zurück nach München geht. Anders als am ersten Tag, müssen wir unser Gepäck samt Crashpads diesmal ungefähr eine halbe Stunde lang den Berg hinauftragen. Alle paar Minuten machen wir eine kleine Pause und wechseln die Träger durch. Belohnt werden wir, wieder einmal, mit einer traumhaften Kulisse – diesmal bestehend aus Almwießen, Wasserfällen, schneebedeckten Gipfeln und einem wilden Fluss in der Mitte des Ganzen.
Immerhin drei Boulder besuchen wir, bevor andere Dinge wieder interessanter werden (z.B. Stöcke zu suchen um die Saga der Vortage fortzusetzen – es gibt ja immerhin auch neun Filme, das kann ganz schön dauern das alles abzuhandeln). Umsonst haben wir die Pads aber nicht hinaufgetragen, die Boulder die wir versuchen sind allesamt schön und für die Kids gut geeignet um mal ein bisschen ins Klettern an echten Felsen hineinzuschnuppern.
Auf der Rückfahrt nach München legen wir noch einen kurzen Stopp bei einer Eisdiele ein. Es gibt ein Eis für jeden, gesponsort aus unserer Gruppenkasse. Wer ein Lichtschwert-Turnier gewonnen hat und mich als Endgegner besiegen konnte (das komplette Regelwerk würde den Rahmen dieses Textes sprengen) bekommt außerdem noch ein Getränk seiner Wahl dazu (keine Angst, die anderen mussten auch nicht verdursten). Ich habe übrigens ernsthaft versucht zu gewinnen, aber trotz längerer Arme und einer sorgfältig zurechtgelegten Taktik habe ich jedes Duell verloren – die Kids hatten wohl einfach mehr praktische Erfahrung und intensiveres Training während der letzten Tage…